Vinaora Nivo Slider 3.xVinaora Nivo Slider 3.xVinaora Nivo Slider 3.xVinaora Nivo Slider 3.x

Willkommen im Jagdblog des Deutschen Jagdportals

Anzeige der Artikel nach Schlagwörtern: NichtJäger

Montag, 28 Juli 2014 10:01

„Mein Mann, der Bambi-Killer!“


von Manuela Kern, einer Nicht-Jägerin, geschrieben für andere Nicht-Jäger und Nicht-Jägerinnen


„Ja, Sie haben gerade richtig gehört, mein Mann ist ein Bambi-Killer! Sie wissen schon, Bambis, diese wunderschönen, süßen kleinen Kinder vom Reh mit den weißen Punkten auf dem Fell und den treuen dunklen Augen! Er tötet auch andere Tiere und dabei ist er noch nicht mal Metzger! Aber das ist längst noch nicht alles, er hat nämlich noch zahlreiche, gaaanz andere „Leichen im Keller***!“

Mein Gegenüber schaut Sie mich hochgezogenen Augenbrauen, in Falten gelegter Stirn und weit aufgerissenen Augen mitleidig an und ich sehe förmlich, was es gerade in ihr/ihm denkt: Ohjeee, die aaarme Frau! Der Dialog, der sich dann ergibt läuft in der Regel so ab… 

Aha, verstehe, Sie sind also mit einem Jäger verheiratet, macht er das beruflich?

Wenn ich das verneine und sage es ist „sein Hobby“, sieht man die Bestürzung noch deutlicher im Gesicht des Gegenübers.

Oooh, das ist sicher auch nicht einfach, mit so einem gefühlskalten Menschen, macht Ihnen das denn gar nichts aus oder machen SIE das etwa auch???

Nein ich mach sowas nicht, aber ich finde es gut, dass mein Mann das macht!

Echt???
(mein Gegenüber fragt sich gerade, ob er einer Perversen gegenübersteht, die sieht irgendwie gar nicht so aus, so brutal und so…)

Oooh, wie gut ich die Leute verstehe, denn hätte mir das früher jemand vorhergesagt, dass sich dieser liebe und herzensgute Mann an meiner Seite zu einem Bambi-Killer entwickeln würde, ich hätte ihm ernsthaft eine Therapie empfohlen!

Ich hatte genauso wenig Ahnung von der Jagd wie die meisten anderen Menschen, die wie ich in städtischen Gebieten aufgewachsen sind. Ein Jäger war für mich das Gleiche wie ein Förster und die Jagd fand für mich bestenfalls im Schwarzwald statt, weil im Schwarzwald noch Hirsche „in freier Wildbahn“ leben, zusammen mit ihren Frauen, dem Reh und ihren süßen Kindern, den Bambis. Boah, wie hochnotpeinlich!!!

Habe ich da in der Schule im Biologie-Unterricht nicht richtig aufgepasst? Ich glaube ich hatte es einfach vergessen, ich war mit anderen Dingen beschäftigt, mein  Interesse galt hauptsächlich Pferden, Ponys und Hunden. Ich hatte als Kind aber auch Goldhamster, Kaninchen und eine Landschildkröte.


Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich als Kind (dürfte vor rund 40 Jahren gewesen sein), mit meinen Eltern im Schwarzwald war und wir zum Mittagessen in einer Dorfwirtschaft einkehren wollten. Direkt vor der Wirtschaft stand ein grünes Auto mit einem Anhänger und es bot sich mir ein Bild des Grauens! Auf diesem Anhänger, da lagen auf Tannenzweigen gebettet, mehrere tote Rehe mit aufschlitzen Bäuchen, die einen Tannenzweig im Maul hatten.

Ich weiß auch noch, dass ich ganz arg heulen musste bei diesem Anblick! Die armen Rehe, sooo schön, sooo goldig und jetzt lagen sie da tot in diesem Anhänger vor der Wirtschaft. Es war das 1. Mal, dass ich überhaupt so direkt vor meiner Nase ein totes Lebewesen gesehen habe, ganz schrecklich!

Wir gingen in die Wirtschaft und am Stammtisch saßen sie, die Jäger (diese Schweine, diese Mörder)! Ein ganzer Tisch voller grün angezogener, alter Männer mit dicken Bäuchen, laut lachend Bier und Wein trinkend, ihren Zigarren- und Zigarettenrauch in die Runde blasend  und sich gegenseitig lautstark berichtend, wie sie die Rehe getötet hatten!

Ich war so wütend, traurig und ganz verzweifelt und meine Eltern meinten nur ich soll mich anständig benehmen und mich nicht so anstellen!

Als mein Vater sich dann noch eine Portion Hirschgulasch bestellte, war ich total entsetzt und schockiert! Ich glaube, ich habe ihn sogar dafür gehasst und ihn in diesem Moment über einen Kamm geschoren mit den Jägern, die immer noch am Stammtisch saßen und eine Runde Schnaps nach der anderen tranken. Ich fand sie einfach widerlich diese Kerle und ich war richtig froh, dass es nur im Schwarzwald Jäger gab…

So beschloss ich für mich damals, NIEMALS im Leben Fleisch vom Reh zu essen! Wenn ich es mir so richtig überlege, hab ich mir als Kind auch nie so wirklich darüber Gedanken gemacht, woraus das panierte Schnitzel mit der Scheibe Zitrone oben drauf gemacht wird. Ja, so war es damals, meine erste und unvergessene Begegnung mit der grünen Art… Die nette Karikatur von Bruno Haberzettl passt perfekt zu meinem ersten Erlebnis.

Liebe Jäger, bitte tut euch selbst einen Gefallen und denkt ein wenig darüber nach was für ein Bild ihr in der Öffentlichkeit abgibt!!!  So, dass musste mal gesagt werden! 

Tja und wie kann das sein, dass ich heute sogar mit so einem Kerl verheiratet bin???

Offen gestanden wäre ich es sicher nicht, wenn er bereits Jäger gewesen wäre als ich ihn kennenlernte! Hätte er mir bei unserem ersten Date erzählt, dass er Jäger ist, wäre es garantiert unser letztes Date gewesen! Inzwischen weiß ich auch, dass es für viele Jäger gar nicht so leicht ist eine Partnerin zu finden, ABER das ist eine andere Geschichte…

Wie kam es dann wohl dazu, dass ich heute eine andere Einstellung, sogar eine positive Einstellung zur Jagd habe? Ein kurzer Rückblick: Vor 13 Jahren kauften wir uns einen Hund, um öfter mal raus an die frische Luft zu kommen. Wir entschieden uns für einen Labrador Retriever, nachdem wir im Internet einen online-Test „welcher Hund passt zu mir“ ausgefüllt hatten. Ein Kriterium war unter anderem, dass der Hund keinen Jagdtrieb haben sollte!  Unter Jagdtrieb verstanden wir unkontrollierbare, Kaninchen hetzende Hunde… Als Testergebnis kam mit der höchsten Punktzahl ein Russisch Toy Terrier  heraus, alternativ aber auch ein Labrador. Wir entschieden uns (Gott sei Dank) für den Labrador! Mein Mann  ging mit ihm auf den Hundeplatz, denn der Hund sollte Begleithundeprüfung ablegen…

Bei der Abgabe seiner Papiere sagte die Sonderleiterin zu uns: „Oha, da steckt ja ein Tennikerweidli in der Linie drin, mit diesem Hund müsst ihr unbedingt arbeiten, sein Vater stammt aus einer guten jagdlichen Leistungszucht!“
Arbeiten, jagdliche Leistungszucht??? Da waren wir erst mal ganz schön überrascht! Man schlug uns vor mit Dummys zu arbeiten. Dummys? Die kannten wir nur aus Crash-Test Versuchen mit Autos… Man zeigte uns dann ein 500 g schweres grünes Stoffsäckchen und teilte uns mit, dass der Labrador diese Dinger gerne apportiert. So kam es dazu, dass wir regelmäßig auf irgendeiner Wiese standen, grüne Säckchen durch die Gegend warfen, die unser Hund Ben voller Freude wieder brachte.

Eines Tages hielt ein grünes Auto an, ein als Jäger unverkennbar gekleideter, total unfreundlicher Kerl (ein echter Prolet) stieg aus und schnauzte uns an: Das ist mein Revier, nehmt den Hund sofort an die Leine, der darf hier nicht frei herumlaufen, ich hab schon genug Fallwild gehabt in der letzten Zeit!

Wir nahmen Ben brav an die Leine, entschuldigten uns für unsere Unwissenheit und kamen dann sogar ins Gespräch mit diesem zuerst so unfreundlich wirkenden Knaudel… Er wurde auf einmal freundlicher und erzählte uns von den Problemen, die er mit einigen Hundehaltern hat.

Von ihm erfuhren wir ganz interessante Dinge, von denen wir davor noch nie etwas gehört hatten. Wir begegneten diesem Jäger immer wieder und eines Tages sagte er

„Ich hab euch beobachtet, von meinem Hochsitz aus, der Hund scheint ja richtig gut zu gehorchen! Geht der auch ins Wasser?“ Ja klar, ein Labrador liebt das Wasser! „Bringt der auch eine Ente?“ Hmmm, keine Ahnung, ich denke schon sagte mein Mann… „Gut, wenn Du willst, dann komm am Samstag hier her, ich brauche noch einen Hund für die Entenjagd!“ Gesagt getan… Mein Mann kam am Nachmittag zurück und strahlte was das Zeug hielt: Wow, das war so toll, Du hättest Ben sehen sollen, er hat das ganz klasse gemacht. Die ganzen anwesenden Jäger waren begeistert und am nächsten Samstag bin ich mit Ben bei einem anderen Jäger eingeladen der auch eine Entenjagd veranstaltet.

So fing die Sache mit der Jagd an, durch die Hundearbeit und inzwischen wissen wir, dass sehr viele Jäger über den Hund zur Jagd gekommen sind. Begeistert war ich am Anfang nicht, die armen Enten!

Da unser Ben seinen Job am Wasser sehr gut machte, wurde mein Mann mit ihm regelrecht bei den ansässigen Jägern „herumgereicht“ und zu jeder Entenjagd eingeladen.

Meinem Mann gefiel die jagdliche Arbeit mit dem Hund und so dauerte es nicht lange bis er beschloss den Jagdschein zu machen.

So erfuhr ich  immer mehr und mehr über die Jagd, deren Sinn, über die Tradition und begann damit mich mit dem Thema zu beschäftigen. Ich wollte verstehen, warum Menschen, die keine Metzger sind, Tiere töten. Ich wollte die Jäger-Sprache verstehen, wollte mehr über die Natur und die Wildtiere lernen die fast vor unserer Haustüre noch frei leben…

Wenn ich heute mit Leuten ins Gespräch komme und gelegentlich gerne etwas provozierend sage, dass mein Mann ein Bambi-Killer ist, wird ganz schnell klar, sie haben genauso wenig Ahnung von der Jagd, wie ich sie hatte.

Es ist schade, dass die Bevölkerung so wenig über die Jagd aufgeklärt wird, denn die Natur geht uns alle etwas an! Viele Leute, die bisher keine positive Einstellung zur Jagd hatten, änderten auf einmal ihre Meinung, wenn man ihnen nur ein paar wenige, aber wichtige Fakten mitteilte. 

Ich finde es sehr wichtig, dass mehr Öffentlichkeitsarbeit betrieben wird, dass man bereits  Kindern beibringt, dass für das Schnitzel in der Kühltheke des Metzgers ein ganzes Hausschwein getötet wurde. Manchmal habe ich den Eindruck, dass so mancher Erwachsener sich diesbezüglich auch keine Gedanken macht.

Diskutiere ich mit einem Jagdgegner, dann stelle ich gerne die Frage „bist Du Vegetarier?“ Bekomme ein nein zu hören, lautet meine nächste Frage „glaubst Du, dass die Schweine im Schlachthof einen romantischen Tot sterben, dass sie die Reise zum Schlachthof genießen, weil sie zum ersten Mal in ihrem Leben ihren Stall verlassen- und Sonnenlicht sehen dürfen?“

Antwort: Nein, natürlich nicht, ABER…

Diese Diskussion ist ABER eine ganz andere Geschichte.........


Zum Schluss noch etwas zum Thema
***Leichen im Keller

In unserem Keller steht eine Gefriertruhe in der ganze Kaninchen, Hasen, Enten, Fasane, Füchse, ganze Rehwilddecken samt Haupt, Wildschweinschwarten samt Haupt, Krähen, Marder etc. darauf warten, für die Jagdgebrauchshundeausbildung aufgetaut zu werden. Seit einigen Jahren ist mein Mann nämlich nicht nur Bambi-Killer, sondern auch Ausbilder von Jagdhunden, aber das ist ABER auch wieder eine andere Geschichte… 

Freigegeben in Pressemitteilungen