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Rehmuseum: Wann jagen wir endlich wissensbasiert?

2.5.2024
von Florian Asche

„Herrgottdonnerwetter! Wie konntest Du nur diesen Jährling schießen?!“ Anklagend rollten die Augen des empörten Jagdherren zwischen dem Schützen und seinem Rehbock hin und her. Der Jungjäger blickte betroffen zu Boden und murmelte etwas das nach Entschuldigung klingen sollte. Anklagend deutete der Finger des Beständers auf die zwölf Zentimeter langen, dünnen Spieße. „Was aus dem noch geworden wäre!“ Noch ein paar Minuten dauerte die Verbalinjurie und dann war der Delinquent entlassen.

Ich kann mich noch genau an dieses Gespräch erinnern, denn die Rolle des Jagdfrevlers fiel damals mir selbst zu. Und tatsächlich holte ich mir Frühjahr 1986 das umstrittene Gehörn von der Trophäenschau ab. Das Formblatt war mit einem anklagenden roten Punkt versehen. Fehlabschuss!

Nun stehe ich mehr als 30 Jahre später an einer Vitrine des Rehmuseums von Berchtesgaden und lächle in mich hinein. Diese spektakuläre Sammlung der Rehwildhege des Herzogs Albrecht von Bayern wirkt auf mich wie eine späte Absolution. Eigentlich wusste ja schon 1986 jeder wildbiologisch Interessierte, dass man Rehwild nicht durch Wahlabschuss in der Trophäenqualität verbessern kann. Das war ein wesentlicher Fehler des Reichsjagdgesetzes, der viele Freundschaften gekostet hat. Und dennoch hängen Jäger an nichts so sehr wie an ihren liebgewordenen Vorurteilen.

Da ist z. B. die Altersschätzung anhand des Zahnabschliffs. Im Rehmuseum legen mehrere Gebisszweige gleicher Jahrgänge Zeugnis dafür ab, dass ein Rehbock genauso individuell harte oder weiche Zähne haben kann wie ein Mensch. Da gibt es ziemlich abgekaute vierjährige Gebissleisten und siebenjährige Böcke, die noch im vollen jugendlichen Zahnschmelz zu bewundern sind. Im Geiste sehe ich die unzähligen Diskussionen der Selbstgerechten vor mir, die verkündeten, welches Alter der Erlegte nun wirklich haben sollte. In einer anderen Vitrine bewundere ich uralte Böcke mit hohen Rosenstöcken und Jugendliche mit niedrigen. Daneben hängen Fotos von Youngstern mit grauer Maske und senil Alten mit jugendlichem Gesamteindruck. Auch wird dem kundigen Gast verdeutlicht, dass Rehwild weder auf Bestandsdichte, noch auf Wahlabschuss reagiert, sondern ausschließlich auf Störungsarmut und Äsungsqualität.  (weiterlesen)

Hege